Kaum die Hälfte der geschätzt 165.000 Opioid-Abhängigen in Deutschland erhält derzeit eine Substitutionsbehandlung, die als „state of the art“ und effektivste Behandlungsform bei einer Opioidabhängigkeit gilt. In vielen anderen europäischen Ländern ist diese Behandlungsquote wesentlich höher. Wie aus dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Substitutionsbericht 2021 hervorgeht, haben sich im Zeitraum Juli 2019 bis Juli 2020 knapp 1.600 Menschen neu für eine Substitutionsbehandlung entschieden. Wesentlich für die Zunahme waren die in 2017 angepassten gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie die zu Beginn der Coronapandemie eingeführten Erleichterungen für den Zugang zur Substitution bzw. für die Behandlung selbst.
Diesem Zuwachs an Patient*innen stehen allerdings deutlich weniger substituierende Ärzte* gegenüber, deren Anzahl wird altersbedingt weiter abnehmen und ist mit 2.545 auf einem historischen Tiefstand. Lediglich 1,5 Prozent der Substituierten werden von 563 nach der Konsiliarregel tätigen Ärzten* behandelt. Der Großteil der neu in die Behandlung Aufgenommenen wurde von Schwerpunktpraxen und Ambulanzen mit mehr als 100 Patient*innen pro Ärzten* aufgefangen. Lediglich 1,2 Prozent der Substituierten erhält die Originalsubstanz in einer der 13 Diamorphinambulanzen in Deutschland.
Die Initiative 100.000 Substituierte bis 2022, die u.a. von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung unterstützt wird, möchte dazu beitragen, die rechtlichen und medizinischen Veränderungen der Substitutionsbehandlung bekannter zu machen, aber auch dringend erforderliche strukturelle Veränderungen in den Blick nehmen. Im Fokus stehen vereinfachte Zugänge in die Substitution –z.B. auch ohne Krankenversicherung, eine noch mehr in die Drogenhilfe integrierte Substitution, eine rechtliche Gleichstellung der Diamorphinbehandlung, eine stärkere Psychosoziale Betreuung und die wohnortnahe Behandlung.
Mit dem Aktionstag am 5. Mai 2021 soll das Thema Substitution in den Fokus gerückt werden. Klienten* sollen über Neuerungen informiert werden, der Tag soll genutzt werden, um verstärkt mit den Behandler* in der Stadt zu netzwerken, um einen wechselseitigen Zugang zu Arbeitskreisen und Qualitätszirkeln zu erhalten. Dabei soll der Fokus auch auf die veränderten Rahmenbedingungen der Substitution gelenkt und über neue Medikationsmöglichkeiten informiert werden.
Der Aktionstag Substitution ist Teil der Kampagne „100.000 Substituierte bis 2022“, mit dem die Deutsche Aidshilfe, der akzept Bundesverband und das Selbsthilfenetzwerk JES dazu beitragen wollen, die Substitution zu stärken. Ziel ist es, bis 2022 mindestens 60 Prozent der Opioid-Abhängigen eine Behandlung zu ermöglichen. (Auszüge PI Deutsche AIDSHILFE)