Beitrag von Thomas Luthmann, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, und Lonneke Schmidt-Bink, Leiterin des „Olgas“
Die Belange von Sexarbeiter*innen bleiben nicht ungehört. Diesen Eindruck vermittelten den Kolleg*innen aus unserem Frauentreff „Olga“ unlängst zwei Besuche von Politiker*innen der Linksfraktion und von Bündnis90/ Die Grünen.
Von der Linksfraktion fanden Anne Helm, Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, ihre Mitarbeiterin Anne Gaedke sowie Ingrid Bertmann, Bezirksverordnete in Mitte, den Weg in unsere Einrichtung. Sie zeigten sich an der aktuellen Situation von Sexarbeitenden interessiert, hier im Kurfürstenkiez, aber auch darüber hinaus. Gesprächsthemen waren vor allem die aus der Gentrifizierung erwachsenen Probleme, etwa der Mangel an Rückzugs- und Verrichtungsorten oder Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum. Insbesondere letztere erfordern einen intensiven Dialog mit der Nachbarschaft, der von den Kolleg*innen auch forciert wird. Zudem soll noch in diesem Jahr eine neue Notdienst-Broschüre für Anwohnende mit Ängsten oder Vorurteilen aufräumen, hilfreiche Tipps zur Hand geben und Gesprächsangebote erneuern. Anne Helm wiederum fühlte sich dazu verpflichtet, aufgezeigte Themen und Bedarfe in den Haushaltsverhandlungen des Senats sichtbar zu machen.
Um das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) ging es dagegen in dem Besuch von Denise Loop. Sie sitzt für Bündnis90/ Die Grünen im Bundestag, arbeitet zu den Schwerpunktthemen Kinder- und Familienpolitik, Jugendpolitik sowie Gleichstellungspolitik und ist Obfrau des Familienausschusses. Sie und ihre Mitarbeiterin Kira May Myhrmann setzen sich seit längerem kritisch mit den Folgen des ProstSchG auseinander. Das Dekret trat vor rund sechs Jahren in Kraft und soll Sexarbeiter*innen vor Ausbeutung, Gewalt und Menschenhandel schützen.
Gut gemeint ist allerdings nicht immer gut gemacht. Das melden uns jedenfalls die Frauen* zurück, die die Angebote des „Olgas“ nutzen. Die im ProstSchG vorgeschriebene jährliche Beratung empfinden sie beispielsweise als undifferenziert und nur bedingt unterstützend. Vermittelt werden darin zum Beispiel die Kondompflicht bei der Sexarbeit und die Bedeutung des Testens auf infektiöse Erkrankungen – allerdings ohne auf die jeweiligen Lebensumstände Rücksicht zu nehmen oder dass konkrete medizinische Angebote unterbreitet werden. Denn, zugespitzt formuliert: Zwischen den Frauen*, die der Sexarbeit in einem geschützten Rahmen wie einem BDSM-Studio nachgehen, und denen, die unter prekären Umständen auf der Straße arbeiten, liegen mitunter Welten.
Inwieweit solche Erkenntnisse in der Evaluation des ProstSchG Niederschlag finden werden, bleibt abzuwarten. Ergebnisse sollen 2025 präsentiert werden.
Hinweis der Herausgeber*innen: Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln die Meinungen der Autoren und Autorinnen wider.
Sie repräsentieren nicht unbedingt die Ansicht des Herausgebers.