Ein Beitrag von Christina Bressel, Sozialarbeiterin bei ESCAPE
Das Bild war bezeichnend: Eingekesselt zwischen hohen Mauern, die technische Ausstattung war dürftig, ständig wurden wir (von Straßenbahnen) unterbrochen – und zugehört hat uns keiner. Dafür gab es selbstgebastelte Transparente, Sprechchöre und frustrierte Menschen, die (aus dem letzten Loch) pfiffen.
Wer nicht versteht, wovon ich rede, war wohl nicht dabei, bei der Demo am 4. Juli 2023 vor dem Senat für Jugend, Bildung und Familie in Berlin. Versammelt waren Mitarbeiter*innen vom Jugendnotdienst, vom Vivantes Klinikum, vom Kindernotdienst und vom Jugendamt, freie Träger und Therapeut*innen. Alle, die sonst anderen Hilfe anbieten, schrien jetzt selbst um Hilfe, denn der kaputtgesparte Bereich der Politik schafft die steigenden Anfragen und Aufträge nicht mehr. Immer wieder wird Überlastung angezeigt, viele Kinder und Jugendliche bleiben bereits auf der Strecke, weil Kapazitäten nicht reichen oder Angebote reduziert werden. Der Fachkräftemangel tut sein Übriges dazu. Auf der Demo wird konkretes Handeln gefordert statt weiterer Kürzungen, wie in Neukölln bereits angekündigt.
Über 450 Menschen, die vom Netzwerk „Jugendhilfe im Kollaps“ aufgerufen worden sind, ihrer Wut Gehör zu verschaffen, riefen an diesem Dienstagmorgen nach Staatssekretär Falko Liecke („Komm raus!“), der sich erst nach der Demonstration den Organisator*innen stellte. Schade! Als ein paar Organisator*innen dann ins Senatsgebäude gingen, um zu schauen, ob man den Staatssekretär irgendwie rauslocken kann, drohte man damit, die Demo aufzulösen.
Und wie reagieren Tätige im Sozialen Bereich? Richtig, die Demo wurde daraufhin selbst beendet.
Am 10. Oktober findet ein großer Kinder- und Jugendhilfegipfel statt, der nicht von den Verantwortlichen des Senats, sondern vom Netzwerk selbst ins Leben gerufen wurde, weil die Politik diesen Bereich eben immer ausspart. Wer also noch Kraft und Kapazität hat: Hilfe wird immer gebraucht.
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